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Standbaum / Spielbaum



Es ist noch nicht Frühling! Im Obstgarten mit den alten Apfelbäumen, liegen dicke Äste ruhig am Boden. Sie konnten das Gewicht durch Nässe und Schnee nicht mehr tragen und sind schliesslich vom Baumstamm gebrochen. Sie beherbergen nicht mehr die Nester und die Vögel, bieten nicht mehr den Tieren ihre Früchte an, nicht mehr Flüstern ihre Blätter mit dem Wind, nicht mehr verführen ihre Blüten die Bienen. Am Boden, weder Drama noch Traurigkeit ausstrahlend, friedlich, ganz still, und noch lange nicht tot…


Mit ihren Knoten, Schwellungen, Farben und Formen, alles Zeugnisse einer wundersamen, naturverbundenen Leistung, faszinieren diese Äste den Künstler: Sie zu entsorgen ist kein Gedanke wert. Der Künstler schleppt sie die Wiese entlang, mühevoll, da sich die Zweige am Boden anklammern, den Weg bremsend, dem Baum ein letztes Zeichen ihrer Angehörigkeit zeigend.


Der Künstler sammelt sie in einer Ecke des Gartens, am Haus, dort senkrecht gegen die Wand anlehnend. In dieser Stellung, mehr als je zuvor, strahlen die Äste eine zyklopische Tragkraft aus. Zwei Äste sind frei von der Wand, auf einem Podest, leicht sich gegen einander lehnend, aufgestellt. Diese Stellung ruft dem Künstler das „Standbein / Spielbein“ der akademischen Studien in Erinnerung. So bleiben diese Äste, im Gleichgewicht stehend, ein ganzes Jahr draussen, den Elementen ausgesetzt. Es geht um Gleichgewicht, nicht Kraft. Und Gleichgewicht des Künstlers, zwischen Wandertrieb und Identitätsstiftung.

Noch nicht Kunst, nicht mehr Baum …




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